Warum Kommunikationsexperten auf Storytelling setzen

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Besser als in der Geschichte könnte man die Ursachen der Finanzkrise mit ihren Leerverkäufen und hohlen Versprechungen wohl kaum beschreiben. — Eine spannende Geschichte, die sich einprägt, mehr als jede sachliche Information. Längst haben auch Kommunikationsfachleute die starke Kraft des Geschichtenerzählens erkannt und nutzen dies in Werbung und PR, in der Personalführung und in der Präsentation. Weil Geschichten anschaulich vermitteln, worum es geht. Weil sie Bilder im Kopf entstehen lassen und alle Sinne ansprechen. Weil gute Geschichten gerne weitererzählt werden und damit auch die jeweilige Botschaft weitertragen.
Auch in der Markenführung ist ­»Storytelling« angekommen, wie Marken- und Kommunikationsexperte Professor Dr. Dieter Herbst beschreibt: »Storytelling in der Markenführung dient dazu, die Marke höchst wirkungsvoll und verhaltenswirksam zu vermitteln: Gute Geschichten fallen auf, sie informieren ohne gedankliche Anstrengung, sie sind leicht verständlich, lösen starke Gefühle aus, sie halten das Interesse der Konsumenten an der Marke wach und sie graben sich tief in deren Erinnerung. Sie können die Marke und ihre Geschichten schnell abrufen, wenn sie im Supermarkt vor dem Regal stehen und sich für eine Marke entscheiden.« Als Beispiele nennt er die Villariba und Villabajo-Spülstory von Fairy Ultra (»Während ­Villariba schon feiert, wird in Villabajo noch ­gespült«) oder die Cowboy- und Lagerfeuergeschichten von Marlboro. »In Bruchteilen von Sekunden entsteht beim Gedanken an Marlboro ein Bild vor dem inneren Auge des Konsumenten, dass er sogar die Hutkrempe des Cowboys detailliert beschreiben kann.«
Und wer kennt nicht die Erfolgs­storys junger Elektronik- und Computerfreaks, die in einer Garage angefangen haben und es später weit gebracht haben, wie die Konzerngründer von Apple, ­Microsoft oder Google. Solche Geschichten fördern den Nymbus der Marke und die Menschen mögen sie – ob Kunde, Mitarbeiter, Journalist oder ­Investor. In Zeiten gesättigter ­Märkte und austauschbarer Produkte ist es letztlich die gut erzählte Story, die im Gedächtnis bleibt und das Markenimage fördert. ¶

 

Interview:

Geschichten informieren besser

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Professor Dr. Dieter Georg Herbst ist geschäftsführender Gesellschafter der Kommuni­kationsberatung source1 networks GmbH und u.a. Honorarprofessor und Leiter des Studiengangs Leader­ship in digitaler Kommunikation an der ­Universität der Künste Berlin. Die Hochschulzeitschrift Unicum kürte ihn zum »Professor des Jahres 2011«. Er ist Autor zahlreicher Bücher und ­Veröffentlichungen und ein international gefragter Referent. www.dieter-herbst.de

 

 

Wer öfter mal eine Geschichte erzählt, statt nur Fakten zu präsentieren, kommt besser an, sagt Marken- und Kommunikationsexperte Dieter Herbst. Hier berichtet er uns, warum das so ist und weshalb Unternehmen gerade auch in den Public Relations mehr auf Story­telling setzen sollten.

Warum wirken Geschichten so gut?
Storytelling vermittelt Informationen auf eine Weise, die unser Gehirn besonders gut aufnehmen, verarbeiten und speichern kann. Besonders zu erwähnen ist hierbei, dass wir Geschichten stark unbewusst verarbeiten. Wir bauen innere Bilder von Menschen auf, die ­etwas tun, das wichtig für uns ist. Und sie bieten Neues. Interessant ist auch, dass Informationen in Geschichtenform als glaubwürdiger gelten.

Was kann Storytelling in den PR leisten?
Storytelling kann bei den internen und externen Bezugsgruppen des Unternehmen das klare Vorstellungsbild davon erzeugen, was das Unternehmen einzigartig macht: Was kann es besonders gut? Warum fühlen sich die Bezugsgruppen mit ihm so unvergleichlich wohl? Ziel ist, dass die Bezugsgruppen dieses Unternehmen den Konkurrenten vorziehen.

Müssen Geschichten immer wahr sein – oder kann man auch welche erfinden?
Geschichten in den PR sollten immer wahr sein, damit das Unternehmen bei den Bezugsgruppen als verlässlich und glaubwürdig gilt. Daher stehen im Entwickeln von Geschichten die Fakten im Zentrum, die dann als Erzählung vermittelt werden. In der Werbung können Geschichten erfunden sein wie jene von Villariba und Villabajo.

Nutzen Unternehmen in Deutschland das Instrument des Storytelling bereits genügend? Oder sollten wir mehr Geschichten erzählen?
Die Werbung setzt Storytelling schon lange ein. Die PR nutzen diese Technik bisher kaum. Ein Blick ins Internet zeigt, dass die PR noch immer auf die reine Vermittlung von Fakten setzen. Dies jedoch oft mit austauschbaren, abstrakten Begriffen, die keine klaren Bilder von der Einzigartigkeit des Unternehmens in den Köpfen der Bezugsgruppen entstehen lassen. Doch gerade diese Bilder sind es, die ausgesprochen stark auf das Verhalten wirken können. Zahlreiche Studien haben dies in den vergangenen Jahren bewiesen. ¶

 

 

Tatendrang Buch-Tipps

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Dieter Herbst: Storytelling
Storytelling ist keine Mode, sondern knüpft an uralte Wirkprinzipien von Kommunikation an. Es wird daher künftig die PR eines Unternehmens oder einer Organisation mit seinen Bezugsgruppen maßgeblich mitbestimmen.
Wer seine Unternehmenskommunikation vor dem Hintergrund neueren Forschungswissens überprüfen will, findet in diesem Buch die Erkenntnisse der Hirnforschung und Neurowissenschaften systematisch und gut lesbar zusammengefasst. Wie vermittelt man Fakten hirngerecht und damit höchst wirkungsvoll? ­Dieter Herbst beschreibt lebendig und anhand vieler Beispiele aus der Öffentlichkeitsarbeit, wie Unternehmen Geschichten professionell einsetzen können. Mit Checklisten am Ende eines jeden Kapitels.

2. überarbeitete
Auflage 2011,
UVK-Verlag,
EUR 24,99

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Karolina Frenzel, Michael Müller, Hermann Sottong: Storytelling. Das Praxisbuch
Jeder ist ein Erzähler! Doch wie werden Geschichten spannend und lebendig? Und wie gelangweilte Teilnehmer zu interessierten Zuhörern? Konsumenten zu Fans? Das Lern- und Arbeitsbuch zeigt in drei Schritten, wie es klappt. Analyse und Grundwissen sind verständlich aufbereitet, ein übersichtliches Layout erleichtert das Querlesen, kleine Zusammenfassungen am Rand prägen sich schnell ein. Im dritten Teil bietet das Buch praktische Ansätze und Instrumente, mit denen Storytelling in Unternehmen oder anderen Organisationen umgesetzt werden kann. Mit dem Kauf des Buches stehen online Arbeitsmate­rialien, Übungen und Checklisten zur Verfügung.

Hanser-Verlag 2006,
EUR 19,90

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Sigrid Hauer: Storytelling. Basiswissen in 50 x 2 Minuten
Für alle, die sich schnell und kompakt Wissen zum Thema Storytelling aneignen wollen, ist dieses Kartenset genau das Richtige. Zwei Minuten dauert eine der 50 verschiedenen Lern­­­einheiten, dann kann sofort losgelegt
werden. Schnell im Aufzug zum Meeting noch auf der Suche nach einem originellen Einstieg? Kartenset im Hosentaschenformat aufgeklappt und Tipps und Tricks beherzigen! ­Damit bekommt bestimmt jede Präsentation und Rede mehr Aufmerksamkeit.

Heragon-Verlag 2010,
EUR 6,80

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